Fr. Nov 15th, 2024

Dieser Beitrag ist das Update eines erstmals am 14.06.2020 veröffentlichten Artikels.

Für viele Aktien-Anleger spielen die Insidertransaktionen bei ihren Investmententscheidungen eine große Rolle. Sowohl Insiderkäufe als auch Insiderverkäufe des Managements sind gesetzlich streng reglementiert und müssen u.a. zeitnah veröffentlicht werden.

Insbesondere bei Verkäufen des Managements geht gerade bei Privatinvestoren oftmals die rote Warnlampe an und sie verkaufen ganz nach dem Motto: „Wenn schon die Insider die Aktien zum aktuellen Preis nicht mehr halten wollen, warum sollte ich das tun?“

Ich sehe das Thema Insiderverkäufe meist viel entspannter. Mit diesem Beitrag erkläre ich – auch anhand eines aktuellen Beispiels bei meinem Portfoliowert Upstart – warum.

Grundsätzliches zum Thema Insiderhandel

Vorab zur Klarstellung: Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den legalen Insidertransaktionen, also dem veröffentlichten Handel von Management oder anderen dem Unternehmen nahestehenden Personen mit Aktien des eigenen Unternehmens.

Diese Transaktionen innerhalb der gesetzlichen Grenzen werden auch „Directors‘ Dealings“ genannt. Darüber hinaus gehender Insiderhandel, also das Verwenden von Insiderwissen für Börsengeschäfte, ist in Deutschland, USA und vielen anderen Ländern grundsätzlich eine Straftat. Als Insider gilt dabei ganz allgemein, wer über eine kurserhebliche Information mit Bezug zu einem Wertpapier verfügt, bevor diese Information öffentlich bekannt geworden ist.

Warum Insiderverkäufe kein schlechtes Zeichen sein müssen

Um die oft von Anlegern kritisierten legalen Insiderverkäufe zu verstehen, muss man sich einmal in die handelnden Personen hineinversetzen:

Nur die erfolgreichsten Gründer schaffen es, ihr Unternehmen zu einem Börsengang zu führen. Wer es an die Börse schafft, der hat meist schon eine mindestens 10-jährige Aufbauzeit hinter sich. Diese Leute sind dann zwar auf dem Papier oft Multi-Millionäre oder in seltenen Fällen gar Milliardäre, aber meist steckt fast das ganze Vermögen in den Aktien des eigenen Unternehmens. Oftmals haben die Gründer in der Anfangszeit einen erheblichen Teil ihres eigenen Vermögens in die eigene Firma gesteckt, manchmal sind sie sogar verschuldet.

Neben den Gründern besitzen meist auch die frühen Mitarbeiter größere Aktienpakete. Im Silicon Valley stellen gerade bei Leuten aus der zweiten Reihe diese Mitarbeiteraktien oftmals den Großteil des eigenen Vermögens dar.

Letztlich sind all diese Gründer, Führungskräfte und Tech-Experten auch Privatinvestoren, denen die Diversifikation ihres Vermögens wichtig sein sollte. Um vernünftig zu diversifizieren müssen diese Leute, früher oder später, zumindest einen Teil ihrer Aktien verkaufen.

Oftmals verkaufen diese Personen Aktien, wenn sie sich ein Haus oder andere Annehmlichkeiten kaufen wollen oder auch um ihre Schulden abzutragen. Es wäre unverantwortlich der eigenen Familie gegenüber, wenn ein Firmengründer nicht an die Diversifikation seines Vermögens denken würde. Darin ist nichts Negatives zu sehen.

So funktionieren Aktienoptionsprogramme

Zumindest bei börsennotierten US-Unternehmen ist es üblich, dass Fach- und Führungskräfte einen erheblichen Anteil ihrer Vergütung als Aktienoptionen erhalten. Solche Programme zur Mitarbeiterbeteiligung laufen üblicherweise mehrere Jahre, in denen man als Mitarbeiter das Recht erwirbt, Aktien zu bestimmten festgelegten Preisen zu kaufen. Diese sogenannten „Basispreise“ entsprechen i.d.R den Aktienkursen zu Beginn des Programms z.B. beim Eintritt ins Unternehmen.

Aus der Wertsteigerung des Unternehmens während der Mitarbeit resultiert dann das zusätzliche Gehalt in Form von Aktien. Um die zuteilungsreifen Mitarbeiter-Aktien nach der Zuteilungsreife (dem „Vesting“) zu übernehmen, muss der Mitarbeiter die Aktien zum Basispreis kaufen.

Den ihm zufliessenden Wert muss ein Mitarbeiter versteuern, auch wenn er/sie anstatt Bargeld „nur“ Aktien bekommt. In der Praxis müssen Mitarbeiter oft einen Teil der Aktien verkaufen, um die Steuer zu bezahlen und die Aktien zu übernehmen. Auch solche Verkäufe sind an der Tagesordnung und nicht negativ zu sehen.

Die Verkäufe der Venture Capital – Investoren

Neben den Gründern und frühen Mitarbeitern gehören bei Technologiefirmen regelmäßig die Venture Capital Gesellschaften (VC) zu den großen Aktionären nach einem Börsengang. Genauso wie alle anderen Insider auch dürfen diese nach einer „Lockup-Periode“ von meist 6 Monaten nach dem IPO ihre Anteile an der Börse verkaufen.

Diese Anteilverkäufe gehören zum Geschäftsmodell der Risikokapitalgeber mit dazu. Damit wird deren Kapital, das oftmals ca. 10 Jahren in einem Unternehmen investiert war, wieder verfügbar für neue Investitionen in vorbörsliche StartUps.

Eine solche VC-Gesellschaft hat kein Interesse daran, die Aktien nach der Börsennotierung noch unendlich lange zu halten. Ein Börsengang ist für sie immer der bestmögliche Exit. Bei entsprechend attraktiver Bewertung werden die VC-Geber unter den Aktionären daher regelmäßig zu den Verkäufern zählen. Das ist „Business As Usual“ und kein genereller Grund zur Sorge.

„Skin in the Game“ ist wichtig

Ich hoffe es ist klar geworden, dass es viele verschiedene gute Gründe gibt, warum Insider Aktien verkaufen. Das ist meist ein ganz normaler Vorgang und kein Grund zur Besorgnis. Allerdings schaue ich bei den Verkäufen von Gründern und Management durchaus auf die Verhältnismäßigkeit der Transaktionen.

Anders gesagt: Es kommt mir schon darauf an, ob auch nach der Transaktion noch genügend „Skin in the Game“ ist. Die Insider sollten weiterhin maßgeblich am Unternehmen beteiligt bleiben. Sehr negativ bewerte ich, wenn das Management schon kurz nach dem Ende der Lockup-Periode große Teile ihrer Anteile versilbert und anschließend nicht mehr nennenswert beteiligt ist.

Aktuelles Beispiel: Insiderverkäufe bei Upstart

Seit einigen Monaten bin ich bei Upstart investiert, obwohl das FinTech aufgrund von Insiderverkäufen in der Kritik steht. Das Unternehmen will mit seinen AI-basierten Kreditvergabe-Algorithmen die Finanzindustrie disrupten. Hier findest Du den Upstart-Investmentcase zum Nachlesen.

Seit dem Ende der Lockup-Frist vor ca. 9 Monaten haben Insider Upstart Aktien im Wert von ca. $900 Mio. verkauft.

Quelle: insiderkauf.de

Insbesondere die zahlreichen Verkäufe des CEO David Girouard werden von einigen Marktbeobachtern kritisch kommentiert. Er hat monatlich seit September 2021 immer wieder Aktien verkauft – und zwar trotz des bis zu 70% reduzierten Aktienkurses.

Ist das jetzt ein ernstes Warnsignal oder gar ein Zeichen zum Verkauf?

Ich denke nicht.

Denn David Girouard verkaufte bisher im Zuge dieser Transaktionen zwar ca. 850.000 Aktien. Er hält allerdings auch heute immer noch über 10,8 Mio. Aktien und hat demzufolge bisher weniger als 10% seiner Aktien verkauft.

Verkäufe in dieser Größenordnung zur Diversifikation des Vermögens eines Gründers und CEOs kann ich absolut nachvollziehen. Meiner Meinung nach ändert sich durch diesen Verkauf an seiner Beziehung zum Unternehmen gar nichts.

Wie stehe ich zu Insiderkäufen?

Ich hoffe Du hast aus diesem Beitrag bisher zumindest eines mitgenommen: Es gibt unendlich viele Gründe warum Insider eine Aktie verkaufen.

Aber umgekehrt gibt es eigentlich nur 2 Gründe, warum Insider die eigene Aktie kaufen:

  1. Sie wollen ein Zeichen setzen und die Publicity der Veröffentlichung ihrer Transaktion nutzen, um den eigenen Aktienkurs zu stützen.
  2. Sie halten den Kurs der eigenen Aktie für unterbewertet und wollen mit dem Kauf eigener Aktien Geld verdienen.

Glaubt man FOCUS MONEY, dann haben Berechnungen an der Frankfurt School of Finance & Management gezeigt, dass man Insiderkäufe gezielt ausnutzen kann, um eine Outperformance zu erzielen. Tatsächlich hat der für den deutschsprachigen Raum aufgelegte und über ein Zertifikat investierbare GBC Insider Focus Index seit der Auflegung 2016 mit einer Outperformance gegenüber DAX, MDAX, SDAX und CDAX überzeugt.

Für die Technologiebörse NASDAQ gibt es den Nasdaq US Insider Sentiment Index. Dieser hinkt aber in den letzten 5 Jahren den NASDAQ Benchmarks (egal ob NASDAQ100 oder dem breiteren NASDAQ Composite Index) deutlich hinterher.

In jedem Fall können Dir kostenlose Webseiten wie https://www.insidertrades.com/ oder https://insiderkauf.de/ gute Dienste leisten, wenn Du Dich etwas genauer mit den Transaktionen der Insider auseinandersetzen willst.

Fazit

Insiderkäufe können gerade in Schwächephasen ein gutes Zeichen sein und sind oftmals ein Hinweis auf eine Unterbewertung eines Unternehmens. Je größer der Insiderkauf und je höher der Insider in der Firmenhierarchie steht, desto signifikanter ist dieses Zeichen.

Insiderverkäufe sind hingegen für mich meist „Business as Usual“ und nicht unbedingt ein Warnzeichen. Ich verwende ehrlich gesagt nicht besonders viel Zeit und Energie darauf, diese Verkäufe vollständig zu analysieren.

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