Der Aktienmarkt bietet immer mal wieder etwas Neues. Gestern bot er – den kürzesten Bärenmarkt der Geschichte. Um 12 Uhr mittags (18 Uhr hier) begann er – um 15.30 Uhr (21.30 Uhr unserer Zeit) war er schon wieder zu Ende. Dreieinhalb Stunden Bärenmarkt!
So einen Ausbruch unter die -20% würde ein Charttechniker wohl einen Fehlausbruch nennen. Soll heißen: April, April!
Ein Bärenmarkt beginnt, wenn der breite Markt sich unterhalb von -20% bewegt. So ist die offizielle Definition. Die Nasdaq tut das schon lange – der S&P 500 hat das gestern aber zum ersten Mal getan.
Die Rezession kommt – vielleicht
Warum macht der Markt das? Zunächst einmal ist der entscheidende Punkt, dass amerikanische Marktteilnehmer die Möglichkeit einer Rezession in den kommenden Monaten einpreisen.
Das hat (aus amerikanischer Sicht) mit dem Krieg in der Ukraine nur wenig zu tun. Die Lockdowns in China aber werden auch dort zu heftigen Verwerfungen führen (und haben das zum Teil schon getan). Die Lieferketten sind in manchen Fällen nicht mehr nur gestört. Sie sind zerrissen. Was das für Folgen hat, das haben wir an den Quartalszahlen von CISCO gesehen: Volle Auftragsbücher – aber viel zu wenig Chips, um die Aufträge zu bedienen.
War es das schon? Ich halte das für möglich. Der Markt ist immer in der Lage, den Pessimismus hinter sich zu lassen, und wieder optimistisch zu werden. Mit einer höheren Wahrscheinlichkeit sehe ich in den kommenden Wochen aber die Rückkehr des Marktes unter die -20%.
Das wird vor allem vom negativen Newsflow abhängen. Und da ist noch eine Menge möglich: China kann dazu übergehen, die Lockdowns auszuweiten. China kann dazu übergehen, Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Das hätte weitere wirtschaftliche Sanktionnen der USA zur Folge, die die Wirtschaft in der Eurozone und in den USA möglicherweise in die Rezession kippen lassen. Russland kann dazu übergehen, den Krieg noch einmal zu eskalieren, zum Beispiel durch den Einsatz von Chemiewaffen. Auch das hätte (vermutlich) weitere Sanktionen zur Folge.
Wird die Welt untergehen?
Auf der anderen Seite kann natürlich auch alles ganz andes kommen:
# Ein Deal mit dem Iran führt zu deutlich sinkenden Ölpreisen – die Inflation würde sofort reagieren. Und ebenfalls sinken. Der Markt würde sich entspannen.
# Ein Deal über die Weizenausfuhr aus der Ukraine senkt die ansonsten absehbaren Ernährungsprobleme der Welt.
# Zwischen Russland und der Ukraine entwickelt sich in den nächsten Wochen ein Patt, das keine Seite aufzulösen vermag. Der Krieg friert in der Folge für eine Weile oder dauerhaft ein.
In einem Börsenbrief, den ich in einer gratis Version lese, fand ich die schöne Formulierung: „Wird die Welt untergehen? Alles deutet daraufhin, doch in den vergangenen paar tausend Jahren fanden sich immer wieder überraschende Lösungen.“ So wird es wohl auch diesmal wieder sein.
Der Fehler den Anlegerinnen und Anleger machen, die genau wissen, dass die Nasdaq auf 8.000 Punkte abstürzen wird und der S&P 500 auf 2.400 Punkte, ist, dass sie den schlimmsten Fall annehmen und sich nicht vorstellen können, dass der schlimmste Fall nur sehr, sehr selten eintritt.
Meine Vermutung: Von den derzeitigen Problemen müssen sich nur zwei beruhigen (zum Beispiel die Inflation und die Lockdowns) und der Markt zieht wieder nach oben. Ich erwarte in der zweiten Jahreshälfte steigende Kurse.
Die Börsenampel steht auf Grün
Ich hatte angekündigt, bei -10% vom Hoch nachzukaufen, bei -15% vom Hoch und bei -20% vom Hoch. Gestern war also der dritte Nachkaufpunkt. Da vor einigen Wochen meine Lebensversicherung ausgezahlt wurde, konnte ich das Depot um ein Drittel sehr deutlich vergrößern. Ein weiteres Drittel liegt jetzt noch in Cash.
Ich habe mich entschieden, alle bestehenden Positionen im privaten Depot um ein Drittel zu vergrößern. Der gestrige Nachkauf betrifft also:
MASTERCARD, APPLE, JOHN DEERE, EVENTIM, NOVO NORDISK, CHIPOTLE, AMAZON, ZSCALER, NIKE, SHERWIN-WILLIAMS, NVIDIA, INTUITIVE SURGICAL, PLANET FITNESS, LAM RESEARCH, BOOKING, DISNEY, PINTEREST, PAYPAL, NETFLIX, ZOOM, ETSY, BLOCK, PELOTON.
Bei der Aktie von PELOTON habe ich deinige Sekunden gezögert. Ja, das ist (nach wie vor) high risk. Das Unternehmen wandert durch ein tiefes Tal der Tränen. Nicht von Seiten der bestehenden Kunden. Die sind sehr zufrieden. Aber die hohen Überkapazitäten und das derzeit sehr magere Wachstum machen dem Unternehmen das wirtschaftliche Überleben schwer. Ich habe mich am Ende doch dafür entschieden. Und auch PELOTON nachgekauft.
Am Montag (23. Mai) um 18 Uhr gibt es einen wikifolio-Talk zum Thema „Inflation? Stagflation? Rezession“ bei dem ich auch mitdiskutiere. Zur Anmeldung für diesen Talk geht es hier.
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Der Beitrag Der S&P 500 fällt in den kürzesten Bärenmarkt der Geschichte erschien zuerst auf Grossmutters Sparstrumpf.