Mehrere amerikanische Banken sowie die Credit Suisse sind in den letzten Wochen in eine Schieflage geraten. Das Muster war immer das gleiche: Erst zogen viele Kunden ihre Gelder ab, dann geriet die Bank in Zahlungsprobleme. Ein klassischer Bank Run.
Den Crash-Propheten erschien das wie die lange ersehnte Stunde des Unglücks, an dem das Weltfinanzsystem seinen finalen Zusammenbruch erlebt. Die Crash-Propheten leben gut von der Angst der Anlegerinnen und Anleger. Sie verdienen damit Millionen. Mit Büchern, Vorträgen, Fonds, Videos.
Bankenkrise? Welche Bankenkrise!
„Die Krise ist vorbei“, sagt hingegen Portfoliomanager und Mathematiker Andreas Beck in einem Video auf dem YouTube-Kanals von Mario Lochner. Bankenkrise? Welche Bankenkrise! Ein paar Banken die ausgesprochen schlecht geführt wurden oder ausgesprochen riskant operiert haben sind durch die steigenden Zinsen in Probleme gekommen. Richtig so.
Notenbanken, Regierungen und die Bankenaufsicht haben gehandelt. Und das war es dann auch schon. Profitieren werden die Banken, die seriös operiert haben. Sie bekommen jetzt die Chance, das Geschäft der schlechten Banken aufzukaufen. Und tun das ja auch.
Auf den Gesamtmarkt hatte die ‚Bankenkrise‘ auf Sicht von einem Monat exakt Null Prozent Folgen. Hier kommt der Chart des S&P 500 der das zeigt:
Mein Fazit
Die ‚Bankenkrise‘ ist (bislang) ein Nicht-Ereignis. Das kann sich ändern, wenn die Probleme auf andere Bereiche der Wirtschaft übergreifen, insbesondere auf den Immobiliensektor. Die REITs zum Beispiel (Real Estate Investment Trust). Auch die haben in den letzten Wochen deutlich gelitten. Zurecht.
Die amerikanische Fed wird weiterhin eingreifen, um größere Probleme zu verhindern. Das ist ihr Job. Und die Crash-Propheten werden wieder einmal behaupten, nur durch das Eingreifen von Regierungen und Notenbanken sei der eigentlich unabwendbare Crash am Ende denn doch noch ganz knapp verhindert worden. Wir seien ihm ganz knapp und wirklich nur um Haaresbreite entkommen.
Der breite Markt
Die Probleme der Banken begrenzen die Möglichkeiten der Fed, die Zinsen weiter anzuheben. Der Markt hat das schnell eingepreist. Der S&P 500 zieht derzeit, im Vorfeld der Quartalssaison, nach oben. Die Nasdaq kann noch stärkere Zugewinne vorweisen als der breite Markt. Die Nasdaq ist von ihrem Tief aus gemessen jetzt schon um mehr als 20% gestiegen. Sie befindet sich damit bereits wieder in einem Bullenmarkt. Beim S&P 500 fehlen an dieser Marke derzeit nur noch rund 100 Punkte.
Das PE (price to earnings) des S&P 500 (forward)
Der S&P 500 notiert derzeit zu einem PE (KGV) von rund 17,4 (forward; Chart oben). Ein optimistischer Index notiert oft jenseits der 20. Steigt der S&P 500 wieder auf ein PE von 21, dann notiert er bereits bei 4.800 Punkten.
So einen Umschwung der Stimmung haben wir zuletzt bei Big-Tech erlebt. Noch Anfang Januar standen diese Aktien ganz oben auf der Verkaufsliste der Anlegerinnen und Anleger. In der Berichtssaison (Q4/2022) im Januar drehten die Kurse schon deutlich. In der Bankenkrise stiegen sie dann noch einmal. Big-Tech war wieder der Hafen der Sicherheit.
Am PE-Chart von Apple ist diese Entwicklung gut zu sehen:
Noch Ende Dezember notierte Apple zu einem PE von knapp 21. Jetzt stehen wir schon wieder bei rund 28. Am Unternehmen selber hat sich in diesen drei Monaten kaum etwas geändert. Nur der Blick ist jetzt ein anderer. Er ist jetzt wieder optimistisch. Ganz ähnlich wird es nach meiner Auffassung beim S&P 500 insgesamt auch verlaufen.
Kommen noch 5-10 Prozent höhere Gewinnerwartungen für die Unternehmen des S&P 500 hinzu, dann sind Kurse von 5.000-5.200 bis zum Jahresende realistisch. Diese höheren Gewinnerwartungen ergeben sich schon alleine aus dem Zeitverlauf. Ende 2023 schaut der Markt bereits auf die Gewinne von 2024. Und preist sie ein.
Was bleibt für die Bären?
Kann da was dazwischenkommen? Aber ja. Ein Überfall Chinas auf Taiwan macht alle diese Überlegungen auf der Stelle zur Makulatur. Der Abwurf einer Atombombe in der Ukraine möglicherweise auch. Ein Krieg am Golf mit Auswirkungen auf die Ölversorgung der Welt ebenso. Und das sind nur drei Beispiele. Die Liste ließe sich problemlos verlängern. Es kann am Markt immer eine Menge dazwischenkommen.
Kommt aber nichts dazwischen, dann sind bis zum Jahresende nach derzeitigem Stand Kurse von um die 5.000 Punkten im S&P 500 absolut realistisch. Da der Markt gerne übertreibt (er hat das zuletzt mit dem starken Abverkauf bei Big-Tech und dem anschließenden Rebound bewiesen), gehe ich persönlich davon aus, dass er auch nach oben wieder übertreiben wird. Und die 5.200 Punkte erreicht.
Prognosen sollten mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Niemand weiß wirklich, wo der Markt zum Jahresende steht. Gewissheiten gibt es nicht. Ich halte die skizzierte Entwicklung für sehr wahrscheinlich (80%).
Und was macht das Depot?
Im Depot von grossmutters-sparstrumpf bin ich voll investiert. 2022 war ein gutes Jahr, um Aktien nachzukaufen. Ich habe es genutzt. Der größte Teil des Geldes das ich aus einer Lebensversicherung bekommen habe (rund zwei Drittel) ist Anfang Juli in den Markt geflossen. Ein Drittel schon Ende Mai. Beides waren nicht die Tiefpunkte des Marktes – das war aber auch nicht das Ziel. Ich wollte bei günstigen Kursen kaufen. Mehr nicht. Und das ist mir geglückt.
Mein Depot steht für das Jahr 2023 derzeit 12 Prozent im Plus (Wiki: +11 Prozent). Zum Vergleich: Der MSCI World (in Euro und inkl. Dividenden) notiert bei 5,4%. Meine besten Aktien holen derzeit also wieder auf, nachdem sie sich 2022 (und 2021) dem MSCI World klar geschlagen geben mussten.
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Der Beitrag Warum der S&P 500 bis zum Jahresende auf 5.200 Punkte steigt erschien zuerst auf Grossmutters Sparstrumpf.