Sa. Nov 2nd, 2024

Eines der wenigen missglückten Investments in der mittlerweile 5-jährigen Historie des High-Tech Stock Picking wikifolios war die Aktie von LendingClub. Einige von Euch werden sich noch daran erinnern, dass ich Anfang 2018 die LendingClub Aktie mit einem ordentlichen Verlust nach nur wenigen Monaten wieder verkauft hatte. Es war für mich genauso wertvoll wie schmerzhaft, meine damaligen Gedanken zum Exit nochmals ,hier nachzulesen.

Mein Ausstieg damals war die goldrichtige Entscheidung: der Kurs ist seitdem bis 2020 um 75% abgestürzt, bevor Ende 2020 eine Erholung einsetzte, welche die LendingClub Aktie in den vergangenen Quartalen von ihren tiefsten Kursen unter 5$ auf mittlerweile wieder über 15$ katapultierte.

Quelle: aktien.guide

Und tatsächlich gibt es für diese Kurserholung gute fundamentale Gründe, die mich aktuell zu einem Wiedereinstieg bewogen haben.

Denn die LendingClub Aktie bietet heute einen völlig anderen Investment Case als vor 3 Jahren!

Was ist passiert?

LendingClub gab im Februar 2020 die beabsichtigte ,Akquisition der Radius Bank bekannt. Fast ein Jahr später haben die US-Regulierungsbehörden die Übernahme im Januar 2021 abgesegnet. Die Akquisition wurde zum 1. Februar zu einem Preis von $185 Mio. abgeschlossen und LendingClub ist seit einigen Monaten dadurch mit einer eigenen Banklizenz ausgestattet.

Radius ist eine reine Online-Bank mit einer Bilanzsumme von $2,4 Mrd. und Einlagen in Höhe von $1,7 Mrd. Die Radius-Banking-Plattform ermöglicht es Kunden, in weniger als drei Minuten ein Konto zu eröffnen und bietet neben den üblichen Endkunden-Funktionalitäten einer Neobank-App (vergleichbar mit N26 oder Revolut) außerdem offene APIs, um anderen Fintech-Unternehmen White-Label-Banking-as-a-Service (BaaS)-Funktionen wie Girokonten, digitales Onboarding und die Kontoverwaltung anzubieten.

Lending Club hat damit eine bemerkenswerte Wandlung vollzogen: Gestartet als Pionier für Peer-to-Peer-Kredite (P2P-Lending) hat man sich mit dem Erwerb der Bank-Lizenz nun vollständig vom ursprünglichen Geschäftsmodell verabschiedet.

Und zwar aus gutem Grund: Seit der Gründung in 2006 hatte es LendingClub auch als Marktführer trotz der Akquise von 3 Mio. Kunden nicht geschafft, mit P2P-Krediten Geld zu verdienen. Ein Online-Marktplatz als Alternative zur Bank, auf dem man private Kreditgeber und Kreditnehmer zusammenbringt, war bzw. ist eine tolle Idee. Aber es hat sich bis heute für LendingClub leider kein krisenfestes Geschäftsmodell daraus entwickeln lassen.

Nun erfolgte also diese Kehrtwende und aus Lending Club wird ironischerweise selbst eine Bank. Allerdings keine klassische Bank, sondern eine rein digitale Neobank. LendingClub kann damit ab sofort die Vorteile einer Bank mit den Vorteilen eines FinTechs kombinieren.

Ein Setup for Success?

Zunächst einmal erscheint es sehr plausibel, dass LendingClub und Radius sich sehr gut ergänzen: Im Schwerpunkt bietet die Radius Bank Online-Angebote für Giro- und Sparkonto an, während LendingClub nach wie vor der führende Anbieter unbesicherter persönlicher Kredite in USA ist.

Die aus dem Zusammenschluss nun entstehende Neobank ist grundsätzlich anders aufgestellt als die meisten anderen Neobanken, die aktuell überall auf der Welt versuchen, den etablierten Banken die Marktanteile abzunehmen:

Denn normalerweise starten Neobanken wie N26 mit einem einfachen Produkt (z.B. reines Einlagenkonto mit Debitkarte) und expandieren dann im Laufe der Zeit zu den mehr komplexen Produkten im Kreditgeschäft.

LendingClub hingegen ist mit dem wohl kompliziertesten Bankprodukt überhaupt gestartet (unbesicherte Darlehen), man hat dort über 14 Jahre hinweg viele Erfahrungen und vor allem Daten gesammelt. Diese ermöglichen es nach eigenen Angaben, dieses riskante Geschäft mit den industrieweit niedrigsten Kreditausfallraten zu betreiben.

Den eigenen 3 Mio. Kunden kann LendingClub nun zügig die von Radius akquirierten Produkte anbieten. Man will damit aus reinen Kreditnehmern echte Banking-Kunden machen, mit denen man längerfristig Geschäft generieren kann.

LendingClub akquiriert die meisten seiner Kunden, indem man ihnen eine Umschuldung ihrer aberwitzig teuren Kreditkartenschulden anbietet. Diese GoTo-Market-Strategie funktioniert, es gibt noch immer einen riesigen Bedarf von mehr oder weniger überschuldeten Menschen in USA, die ,“Paycheck by Paycheck” leben. Übrigens sind die in allen Bevölkerungsschichten zu finden: so leben 40% aller US-Amerikaner mit einem Einkommen über 100.000$ pro Jahr “von Gehalt zu Gehalt”.

Ein erheblicher Nachteil des alten LendingClub Geschäftsmodells war es, dass die Kapitalkosten viel zu hoch waren. Kredite wurden an andere Banken weitergereicht. Als Umsatz blieb beim LendingClub Marktplatz nur eine kleine Vermittlungsprovision.

Jetzt unter dem neuen Geschäftsmodell als Bank nimmt man ca. 20% der Kredite in die eigenen Bücher. Damit generiert LendingClub für diese Kredite einen um den Faktor 3 höheren Deckungsbeitrag.

Immer unter der Voraussetzung, dass man die Kreditausfallrisiken tatsächlich so gut beherrscht wie behauptet, ist das ein viel attraktiveres Geschäftsmodell als in der Vergangenheit.

Doch das wird sich in den Zahlen erst in den kommenden Quartalen nach und nach zeigen. Für das Akquisitionsjahr 2021 werden unterm Strich noch – wie in den Vorjahren auch – deutliche rote Zahlen stehen.

Fazit

Seit dem IPO 2014 hat LendingClub seine Aktionäre enttäuscht. Viele Investoren haben sich längst abgewendet, nur noch wenige Analysten beobachten das Unternehmen. Und tatsächlich benötigt ein Investment zum jetzigen Zeitpunkt nochmals einen erheblichen Vertrauensvorschuss in das Management. Denn es ist keineswegs eine ausgemachte Sache, dass LendingClub gemeinsam mit Radius Bank im knallharten Wettbewerb der (Neo-)Banken bestehen kann.

Ich denke aber, dass LendingClub in der neuen Aufstellung wie kaum ein anderer Player nun alle Möglichkeiten hat, die Vorteile eines FinTechs mit den Vorteilen eines etablierten Bankinstituts zu kombinieren. Damit sollte das Unternehmen eine sehr gute Chance haben, den Turnaround zu schaffen und ab 2022 in eine Phase des nachhaltig profitablen Wachstums einzutreten. Bei Eintritt dieses positiven Szenarios sollte sich der Wert des Unternehmens (aktuell ca. $1,5 Mrd.) in den kommenden Jahren wesentlich erhöhen.

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