Ann-Marie kommt in die Beratung. Sie hat mit ihrem Mann Peter nach zwanzig Jahren eine schwere Ehekrise. Es ist sehr schwer eine langjährige Ehe zu führen, ohne je in eine schwere Ehekrise zu geraten. Ann-Marie war untreu. Peter auch. Sie war sehr unzufrieden mit ihm. Er war unzufrieden mit ihr. Und nun schauen beide, ob es doch noch eine gemeinsame Zukunft für sie als Paar gibt.
Ann-Marie möchte sich zwar wieder mit Peter vertragen – aber sie möchte dafür gerne eine Garantie haben, eine Garantie, dass so etwas nie wieder passiert. Nie wieder!
Ich verstehe gut, dass Ann-Marie eine Garantie möchte. Dummerweise gibt es eine solche Garantie aber nicht. Das Leben ist voller Fallstricke und Unwägbarkeiten, schon gar in der Liebe.
Anfänglich haben OKTA und ich uns gut verstanden
Kommen wir zu OKTA. Und kommen wir zu mir. Im Grunde ergeht es mir mit OKTA ganz genauso, wie Ann-Marie mit ihrem Mann. OKTA und ich sind jetzt ziemlich genau drei Jahre zusammen. OKTA gehört zu den unglaublich aussichtsreichen und hoch volatilen SaaS-Aktien (Software as a Service).
Anfänglich haben wir beide uns sehr gut verstanden. Ich habe hin und wieder ins Depot geschaut – und OKTA war mal wieder mehr wert als zuvor. Nie habe ich darüber nachgedacht, ob eine andere Aktie besser zu mir passen würde. Ich war ihr treu.
Natürlich war OKTA ausgesprochen „emotional“, wie viele Paare es nennen, wenn es oft heftig rauf und runter bei ihnen geht. OKTA war sehr speziell, kapriziös und aufbrausend. Aber im Großen und Ganzen kamen wir lange Zeit gut miteinander aus.
Seit einer Weile jedoch ist mein Verhältnis zu OKTA deutlich kühler geworden. Die Aktie ist in der laufenden Korrektur besonders stark unter die Räder gekommen. Du kannst es am Chart für die letzten fünf Jahre gut sehen.
340 Prozent Gewinn in fünf Jahren. Gibt es da irgend etwas zu meckern? Na ja, da ist dieser hässliche Absturz am rechten Rand des Charts, die letzten Monate eben. Sie waren schwer für mich.
Schön, dass diese SaaS-Aktien so unglaublich aussichtsreich sind. Aber OKTA ist in den letzten 12 Monaten von 270 Dollar bis auf 75 Dollar gefallen. OKTA hat sage und schreibe 72% vom Hoch verloren. Wie konnte sie mir das nur antun! Und irgendwann habe ich mich dann gefragt, ob es für OKTA und mich noch eine gemeinsame Zukunft gibt.
Du siehst: Es ist schwer, eine Aktie lange Jahre zu besitzen, ohne irgendwann einmal mit ihr in eine Korrektur zu geraten. Und diese Korrekturen fallen bei SaaS-Aktien besonders heftig aus.
Das Leben mit Aktien ist ohne Krisen nicht zu haben. Ich begann, an OKTA zu zweifeln. Ist sie wirklich die Richtige fürs Leben? Könnte ich mich vielleicht mit einer anderen Aktie verbessern? Ich hatte Zweifel an OKTA. Ernsthafte Zweifel.
Mr. Market ist Schuld!
Aber vielleicht kann OKTA auch gar nicht viel dafür, dass sie mich so enttäuscht hat. Erst waren die Marktteilnehmer jahrelang sehr optimistisch in Bezug auf OKTA waren („To the moon!“). Und danach waren sie dann über viele Monate mehr oder weniger depressiv verstimmt. Mr. Market war schuld. Ganz ehrlich: Kann OKTA wirklich etwas dafür?
Das ist auch in Partnerschaften die beste Strategie, um mit schwierigen Verhaltensweisen des anderen gut zurecht zu kommen: Die Umstände sind Schuld. Kommt er genervt von der Arbeit nach Hause, dann liegt es an den üblen Umständen. Nicht der andere ist Schuld – die Umstände sind es.
Am Business von OKTA hat sich, seit ich sie im Depot habe, kaum etwas geändert. Es ist gewachsen. Klar. In der Regel geht der Umsatz bei OKTA um rund 50% pro Jahr nach oben. Bei den Gewinnen läuft es auch so wie immer. Es gibt keine – um es vorsichtig auszudrücken. OKTA ist eine eher kostspielige Freundin von mir, die mit Geld nicht gut umgehen kann. Und zuletzt hat sie leider auch deutlich mehr Geld ausgegeben als in der Vergangenheit.
Werfen wir einen Blick auf der Chart für die letzten 12 Monate. Er sieht gut aus. Es könnte sich um eine Bodenbildung handeln. Der Kurs hat erstmals seit Mitte November die 50er Linie wieder überschritten. Zudem deutet der fallende Preis beim Rohöl auf fallende Inflationsraten hin und sorgt damit für Aufwind für den gesamten Sektor der High-Tech Aktien.
Ich hätte so gerne eine Garantie!
Ich habe vor zwei Wochen nach einigem Nachdenken die Aktie von OKTA (Chart oben) nachgekauft. Und jetzt geht es mir so wie Ann-Marie: Ich möchte gerne eine Garantie haben, dass das nie wieder passiert.
Natürlich weiß ich, dass es am Aktienmarkt keine Garantie gibt. Jedenfalls nicht wenn man, wie ich, Einzelaktien bevorzugt. Die Nasdaq hat sich bislang noch von jedem Einbruch wieder erholt, der S&P 500 ebenso. Bei Einzelaktien ist das anders.
# Das Geschäftsmodell kann implodieren wie derzeit beim deutschen Gasversorger UNIPER (Chart oben). Zu viel Abhängigkeit von Putin und von russischem Gas.
# Die Chinesen können sich als eine zu harte Konkurrenz erweisen, so wie es seinerzeit den deutschen Solarunternehmen wie SOLARWORD ergangene ist.
# Herausforderer können mit bessern Produkten auf den Markt kommen, wie APPLE mit dem iPhone, die den vorherigen Marktführer NOKIA (Chart oben) vom Thron gestoßen haben. Das ist gut für Anleger und Anlegerinnen von APPLE (wie mich). Aber ganz schlecht für all jene, die NOKIA brav die Treue gehalten haben.
Ob es mir mit OKTA ähnlich ergehen kann? Aber sicher. OKTA hat sich auf IT-Sicherheitslösungen für Unternehmen spezialisiert, die ihre Daten in der Cloud liegen haben. Jeder hat jederzeit von überall her Zugriff. Dafür muss er sich (sicher!) identifizieren. Schon morgen kann ein anderes Unternehmen eine deutlich bessere Lösung auf den Markt bringen (oder eine bestehende Lösung deutlich verbessern).
Wer diese Risiken nicht tragen kann und will (ich kann das gut verstehen), der kauft statt Einzelaktien einen ETF. Will er Technologieaktien im Depot haben, dann kauft er einen ETF auf den Nasdaq 100.
Mein Fazit
OKTA und ich sind wieder ein Herz und eine Seele. Bis zum nächsten Zerwürfnis. Ich habe eine große Portion OKTA für das Depot nachgekauft. Jetzt ist die Aktie billig. Und außer OKTA habe ich ja noch einige andere SaaS-Aktien und High-Growth Aktien im Depot. Ich habe insgesamt zwölf dieser Aktien im Depot – einen Korb. Sie machen jetzt rund 15% des Depots aus – mehr nicht.
Nicht alle diese Aktien werden am Ende gut performen. Aber einige werden das tun. Vielleicht ja FASTLY. Oder APPIAN. Oder ZOOM. Oder PELOTON. Oder eben – OKTA. Eine Sicherheit dafür oder eine Garantie, die gibt es nicht.
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Der Beitrag Okta hat mich enttäuscht. Soll ich ihr jetzt wieder vertrauen? Oder soll ich mich von ihr scheiden lassen? erschien zuerst auf Grossmutters Sparstrumpf.