Mi. Nov 20th, 2024

Dieser Beitrag ist das Update eines erstmals im Dezember 2021 veröffentlichten Artikels. Aktualisiert nach den Zahlen zum im Oktober 2022 beendeten 2. Quartal des FY23.

Die meisten Tech-Aktien aus der 2. und 3. Reihe haben 2022 einen heftigen Einbruch erlebt und befinden sich nach wie vor tief im Bärenmarkt. So hat der Nasdaq Cloud-Index in den vergangenen 12 Monaten ca. 60% verloren und der ARK Innovation ETF von Starinvestorin Cathie Wood notiert gar mehr als 75% unter den ehemaligen Höchstkursen aus 2021.

Auch die Elastic Aktie aus meinem ,High-Tech Stock Picking wikifolio hat in den vergangenen 12 Monaten heftig gelitten und seit den Höchstkursen über 2/3 ihres Wertes bis auf aktuell 56$ verloren.

,https://aktien.guide/aktien/Elastic-NV-NL0013056914

Mich begeistert schon seit einigen Jahren die erfreulich langfristig ausgerichtete Plattform-Strategie des Enterprise Search Anbieters. Auf Basis seiner führenden Suchtechnologie expandiert das Unternehmen seit einiger Zeit durchaus erfolgreich in andere Märkte rund um Observability (Log Analytics, APM) und Security (SIEM, XDR).

Von Kunden habe ich bisher nur Gutes über die Leistungsfähigkeit und Flexibilität der Elastic Produkte gehört. Doch nicht jede gute Technologie entpuppt sich letzten Endes als gutes Investment.

Die gerade vorgelegten Zahlen zum Q2 des bereits Ende April endenden Geschäftsjahres FY23 sind eine gute Gelegenheit, mein Elastic Investment mit diesem Beitrag wieder einmal kritisch zu hinterfragen.

Die Elastic Zahlen zum Q2 FY23

Elastic hat seit einigen Monaten wie viele andere Enterprise Softwareunternehmen auch mit der schwieriger werdenden Wirtschaftslage zu kämpfen: Der Umsatz stieg im Q2 auch aufgrund von Gegenwind aus dem starken US-Dollar insgesamt „nur“ noch um 28% auf $264 Mio. Das war ein deutlicher Rückgang gegenüber den Vorquartalen. Noch im FY22 war der Umsatz um 44% gestiegen – nach 31% im FY21.

Besonders wichtig für die Zukunft von Elastic ist die Entwicklung des eigenen Cloud-Angebotes. Der Elastic Cloud Umsatz wuchs im abgelaufenen Quartal um 50% auf $103 Mio. und macht damit jetzt 39% des Gesamtumsatzes aus. Bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahres soll der Cloud Anteil auf über 50% steigen.

Die Elastic Kundenbasis ist im abgelaufenen Quartal nicht mehr so schnell weiter gewachsen wie zuvor. Insbesondere die Gewinnung von kleinen Neukunden für das Cloud-Business schwächelte im rauher werdenden Wirtschaftsklima. Man zählt nun 19.300 zahlende Subskriptionskunden, das sind 2.700 mehr als vor einem Jahr (+16%). Davon gehören 1.050 zum wichtigen Enterprise Segment mit einer jährlichen Nutzungsgebühr von über $100.000.

Die Net Expansion Rate (sprich die Umsatzentwicklung mit den Bestandskunden) beträgt ca. 125% und ist damit ebenfalls gesunken gegenüber dem letzten Geschäftsjahr.

Die Guidance für das FY23

Elastic musste nach dem 1. Halbjahr des FY23 seine eigene Umsatzerwartung für das bis zum April 2023 laufende Geschäftsjahr um $15 Mio. zurücknehmen auf nunmehr ca. $1,07 Mrd. Das sind „nur“ noch 24% mehr als im abgelaufenen FY22 (+28% ohne Wechselkurseffekte).

Noch wichtiger als diese kurzfristig (um weniger als 2% gesenkte) Umsatzerwartung erscheinen mir die Pläne des Elastic Managements für die mittelfristige Zukunft ihres Unternehmens.

Im September 2022 hat man anlässlich eines Analystentages aufgezeigt, wie man bereits im übernächsten Geschäftsjahr (FY25) vor allem mit der großen Bestandskundenbasis einen Umsatz von $2 Mrd. erreichen will:

Quelle: Elastic Analyst Day Presentation

Ich halte das nach dem Q2 FY23 für ein sehr ambitioniertes, aber nicht unrealistisches Ziel. Denn das Land+Expand Modell funktioniert seit Jahren, die zufriedenen Kunden setzen die Elastic Plattform für immer mehr Usecases ein. Es ist zudem recht gut vorhersehbar, dass sich das Wachstum insgesamt wieder beschleunigen dürfte, sobald das Cloud-Angebot (spätestens ab dem FY25) für die Mehrheit der Umsätze bei Elastic verantwortlich ist.

Aber es ist vielleicht langfristig auch gar nicht entscheidend, ob dieses $2 Mrd. Umsatzziel im FY25 oder evtl. bei schwieriger Wirtschaftslage erst ein Jahr später erreicht wird.

Der Elastic Aktienkurs ist vielmehr deswegen so unter Druck geraten, weil Investoren kaum Fortschritte bei der Profitabilität beobachten konnten. Aus meiner Sicht hat Elastic zu lange an seinem aggressiven Expansionskurs festgehalten und zu wenig auf die Verbesserung der Margen geachtet. Daher ist der Rule-of-40 Score (hier einfach erklärt) in den vergangenen Quartalen unter 40% abgerutscht, was auf zu wenig effizientes Wachstum hindeutet.

Quelle: Elastic Fundamamental Charts von aktien.guide

Aber das Elastic Management hat nun – nach dem 1. Halbjahr FY23 – wohl endlich erkannt, dass der Wert des Unternehmens – sprich der Aktienkurs – nur dann gesteigert werden kann, wenn die Profitabilität (vor allem gemessen am Free Cashflow) deutlich schneller vorankommt als in der Vergangenheit.

Entlassungen waren unvermeidbar

Das bedeutet aber angesichts sinkender Wachstumsraten in der Praxis, dass man nun Mitarbeiter abbauen muss, die man in den letzten Jahren für viel Geld rekrutiert hat. Mir ist dieses Hire + Fire ein Dorn im Auge. Es ist leider zumindest im Silicon Valley gängige Praxis.

Auch bei Elastic reiht man sich trotz seiner europäischen Wurzeln nun also ein in die lange Riege der Tech-Companies, die im November 2022 insgesamt 35.000 Leute (alleine im Silicon Valley) entlassen haben. Traurig, aber wahr: Das ist im Falle Elastic tatsächlich eine gute Nachricht für uns Aktionäre. Denn man hat das eigene Wachstum überschätzt und muss jetzt dringend Kosten einsparen. 13% der Belegschaft muss gehen, das sind schätzungsweise über 400 Mitarbeiter.

Im Ergebnis soll die Profitabilität sich schon in den kommenden Quartalen (nach den Sonderaufwendungen für Abfindungen) deutlich verbessern. Insgesamt wird für das FY23 (non-GAAP) der Break-Even geplant. Im FY24 peilt man dann (non-GAAP) eine operative Marge von 10% an.

Dieser doch recht plötzliche Kurswechsel ist ein Zugeständnis an den Kapitalmarkt, der chronisch unprofitable Wachstumsfirmen derzeit gnadenlos mit immer niedrigeren Kursen abstraft. Denn in finanziellen Schwierigkeiten befindet sich Elastic nicht: In der Bilanz zum 31.10.22 findet sich Cash i.H.v. $856 Mio. Der Cashbestand ist damit fast unverändert gegenüber dem Beginn des Geschäftsjahres.

Die Bewertung der Elastic Aktie

Elastic wird bei einem aktuellen Aktienkurs von 56$ mit einem EV von ca. $5 Mrd. bewertet. Das entspricht einem EV/Sales-Verhältnis von deutlich weniger als 5 auf der Basis des Umsatzes im laufenden FY23.

Das ist günstig, wenn man wie ich davon ausgeht, dass Elastic in spätestens 3 Jahren wie angekündigt $2 Mrd. Umsatz erzielen und dabei ab dem nächsten Geschäftsjahr (FY24) auch nachhaltig wachsende Cashflows erwirtschaften wird. Genau das scheinen viele Investoren derzeit massiv anzuzweifeln.

Ich hatte die im August 2022 nach der Bärenmarkt-Rallye hoch gewichtete Elastic Position im High-Tech Stock Picking wikifolio zu Kursen von über 80€ reduziert. Bei den aktuellen Kurse von 54€ habe ich nun wieder etwas aufgestockt. Auch weil ich recht zuversichtlich bin, dass es den einen oder anderen potentiellen strategischen Käufer gibt, der Elastic gerne zu einem Preis weit über dem aktuellen Enterprise Value übernehmen würde.

Angesichts der hohen Kundenzufriedenheit und nicht zuletzt aufgrund der komfortablen Cashposition in der Elastic Bilanz bleibe ich jedoch optimistisch, dass es nicht soweit kommen wird. Vielmehr hoffe ich, dass es dem Elastic Management tatsächlich gelingt, ihr Ziel zu verwirklichen, das sie wie folgt formulieren:

„Building a Generational Company“

Warten wir es ab, es bleibt spannend!

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Disclaimer

Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Elastic. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die ,rechtlichen Hinweise.