Fr. Dez 27th, 2024

GitLab Aktienanalyse

Dieser Beitrag ist das Update einer erstmals im April 2024 veröffentlichten Aktienanalyse. Er wurde aktualisiert und erweitert nach den Zahlen vom 3. Quartal des FY 2025.

Diejenigen von Euch, die diesem Blog schon etwas länger folgen, wissen, dass ich ein besonderes Faible für spannende Unternehmen aus der Softwareindustrie habe.

Heute darf ich Euch mal wieder eine Wachstumsstory aus der Softwarebranche näher bringen, die ihren Ursprung erstaunlicherweise sogar in Europa hat.

Es handelt sich um GitLab, das ist ein Unternehmen aus dem IPO Jahrgang 2021. Damals kamen solche High-Growth-Companies zu völlig überhöhten Preisen an die Nasdaq, der Absturz der GitLab Aktie um ca. 80% in 2022/2023 folgte dann fast zwangsläufig.

GitLab Aktienkursentwicklung

GitLab Aktienkursentwicklung

Mitte 2024 hat es die GitLab Aktie nach langer Zeit auf der Watchlist dann erstmals in mein Portfolio geschafft. Das Timing war gut, seitdem befindet sich die Aktie in einem klaren Aufwärtstrend.

Nach den Ergebnissen zum 3. Quartal des bis Ende Januar laufenden FY25 habe ich kürzlich die GitLab Position weiter ausgebaut. Hier die Hintergründe zu diesem Investment Case in meiner GitLab Aktienanalyse:

Was macht GitLab?

GitLab ist ein umfassendes Toolset (die Marketing-Leute würden „Plattform“ dazu sagen) zur Unterstützung des gesamten Softwareentwicklungszyklus und hat sich als einer der wichtigsten Akteure in der Welt der DevOps und DevSecOps etabliert.

DevOps ist ein Ansatz in der Softwareentwicklung, der darauf abzielt, die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den traditionell getrennten Entwicklungs- (Dev) und Betriebs- (Ops) Teams zu verbessern. Das Ziel von DevOps ist es, die Effizienz, Schnelligkeit und Qualität der Softwareentwicklung und -bereitstellung zu steigern, indem Entwicklungs-, Test-, Deployment- und Betriebsprozesse integriert und automatisiert werden.

DevSecOps ist eine Erweiterung des DevOps-Ansatzes, die den Schwerpunkt auf Sicherheit (Security) legt. Das Ziel von DevSecOps ist es, Sicherheitsüberlegungen und -praktiken in den gesamten Softwareentwicklungszyklus und die Betriebsprozesse zu integrieren. Im Gegensatz zu traditionellen Ansätzen, bei denen Sicherheitsprüfungen oft erst am Ende des Entwicklungsprozesses stattfinden, sorgt DevSecOps dafür, dass Sicherheit von Anfang an eine zentrale Rolle spielt.

Dieser Ansatz zielt darauf ab, Sicherheitsrisiken proaktiv zu identifizieren und zu minimieren, anstatt auf Sicherheitsprobleme zu reagieren, nachdem die Software bereits entwickelt oder gar ausgeliefert wurde.

Die Historie von GitLab

GitLab wurde 2011 von Dmitriy Zaporozhets als Open Source Projekt in seinem Haus in der Ukraine gestartet. Die Idee entstand aus der Notwendigkeit, eine bessere Lösung für die Versionskontrolle und Zusammenarbeit in Softwareentwicklungsprojekten zu schaffen. Ursprünglich als nicht-kommerzielles Projekt von einem Entwickler für Entwickler gestartet, bot GitLab eine webbasierte Benutzeroberfläche für Git-Repositories, ähnlich wie GitHub, aber mit dem Unterschied, dass es auf den eigenen Servern der Nutzer installiert werden konnte. Erst 2014 wurde GitLab Inc. von Sid Sijbrandij in den Niederlanden offiziell als Unternehmen gegründet, um den wachsenden kommerziellen Anforderungen gerecht zu werden, und begann mit dem Verkauf von Enterprise-Lizenzen.

Mit der Zeit erweiterte GitLab seine anfängliche Versionsverwaltungs-Plattform um eine Vielzahl von DevOps-Funktionen, darunter Continuous Deployment (CD), Issue Tracking, Code Review, und viele andere Tools, die in den gesamten Softwareentwicklungsprozess integriert sind. GitLab unterscheidet sich seit jeher dadurch, dass es eine einheitliche Lösung für den gesamten Lebenszyklus der Softwareentwicklung anbietet – von der ersten Idee bis zum Betrieb der Software.

GitLab Plattform Funktionalität

Die GitLab Plattform

Ein signifikanter Meilenstein in der Entwicklung von GitLab war die Einbeziehung von Sicherheits- und Compliance-Funktionen, womit das Unternehmen den Übergang von DevOps zu DevSecOps vollzog. GitLab hat sich kontinuierlich weiterentwickelt, viel in die Entwicklung investiert und neue Technologien und Methodiken integriert, einschließlich Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen, um die Softwareentwicklung weiter zu automatisieren und zu verbessern.

Marktposition und Wettbewerb – GitLab Aktienanalyse

In seiner nur 10 jährigen Unternehmensgeschichte hat GitLab einen beeindruckenden Weg von einem einfachen Versionskontrollwerkzeug zu einer vollständigen DevSecOps-Plattform zurückgelegt, die es Organisationen ermöglicht, Software schneller, effizienter und sicherer zu entwickeln.

GitLab hat sich mittlerweile als führende Plattform im Bereich DevSecOps etabliert. Man konkurriert vor allem mit den beiden anderen großen Playern GitHub (gehört seit 2018 zu Microsoft) und Bitbucket (gehört zu Atlassian) und differenziert sich durch seine umfassende, integrierte Lösung, die auf Open-Source-Prinzipien und einer riesigen Kundenbasis aufbaut.

Nach Einschätzung der führenden Industrieanalysten von Gartner werden in den kommenden Jahren die meisten Unternehmen eine solche Dev(Sec)Ops Plattform einführen, um ihren Softwareentwicklungsprozess umfassend steuern und absichern zu können. Die Größe des adressierbaren Marktes (TAM) wird auf $40 Mrd. geschätzt. Die Marktdurchdringung ist noch gering.

„By 2027, 75% of organizations will have switched from multiple point solutions to DevOps platforms to streamline application delivery, up from 25% in 2023.“ (Gartner)

Insgesamt sind nach Unternehmensangaben über 30 Mio. Menschen auf der GitLab Plattform registriert. Unter ihnen sind ca. 1 Mio. zahlende Nutzer. Die Kundenbasis besteht i.W. aus knapp 10.000 Unternehmenskunden, von denen zahlen mehr als 1.100 jährlich über 100.000$ an Gitlab. Etwa 100 Großkunden zahlen sogar eine Subskriptionsgebühr von mehr als $1 Mio. p.a. Das ist ein klarer Hinweis darauf, wie wichtig die GitLab Lösung gerade für Großunternehmen ist.

Wachsende Kundenbasis bei GitLab

Wachsende Kundenbasis bei GitLab

Eine Besonderheit des Unternehmens ist es, dass GitLab als „Remote Company“ mit über 2.000 Mitarbeitern aus 60 Ländern geführt wird, die in aller Regel virtuell zusammenarbeiten. Größere Standorte gibt es bei GitLab nicht. Geleitet wird das Unternehmen seit Jahren vom Co-Founder „Sid“ Sijbrandij, der in der Branche nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Thought Leader geschätzt wird. Aufgrund einer Erkrankung hat Sid Ende 2024 die CEO Rolle abgegeben und beschränkt sich aktuell auf seine Rolle als Chairman im Board.

Wie viele andere Enterprise Software Provider auch verfolgt GitLab ein Land+Expand Business Modell. Typischerweise bringen Entwickler die quelloffene GitLab-Basis ins Unternehmen und von dort aus expandiert man in andere Teams und Abteilungen hinein.

Diese Land+Expand Strategie funktioniert bestens. Die Net Retention Rate lag zuletzt im bei erstklassigen 124%. Dies bedeutet, dass bestehende Kunden im Durchschnitt 24 % mehr Umsatz generierten als im Vorjahreszeitraum. Die hohe Retention Rate zeigt, dass GitLab seine bestehenden Kunden erfolgreich an sich binden und ihren Umsatz steigern kann und zwar völlig unabhängig vom ebenfalls durchaus erfolgreichen Neukundengeschäft.

Die GitLab Geschäftszahlen für das 3. Quartal des FY2025

Im 3. Quartals des bis Ende Januar laufenden Geschäftsjahres FY25 steigerte GitLab seinen Umsatz um 31% gegenüber dem Vorjahr auf $196 Mio. Im abgelaufenen FY24 betrug das Umsatzwachstum noch 37%.

GitLab Umsatzentwicklung

GitLab Umsatzentwicklung

Die noch nicht realisierten Umsätze RPO wuchsen jedoch deutlich stärker um 48% auf $812 Mio., was dafür spricht, dass große Kunden gewillt sind, sich längerfristig an GitLab zu binden. Immerhin $515 Mio. von diesen RPO (Remote Performance Obligations – hier einfach erklärt) werden in den nächsten 4 Quartalen als Umsatz realisiert, was bedeutet, dass ca. 70% des Umsatzes aus dem FY25 auch schon für das nächste Jahr in den Büchern stehen.

Dazu kommt das gesamte Neukundengeschäft sowie die erheblichen Upsells (Zur Erinnerung: Net Retention Rate 124%!) in die Bestandskundenbasis hinein. Für mich sehen diese Zahlen ganz danach aus, als sollte die deutliche Verlangsamung des Wachstums damit im kommenden FY26 gestoppt werden können.

Was das Zahlenwerk von GitLab besonders attraktiv macht, ist die mit 89% (nach GAAP) überragend hohe Bruttomarge. Enterprise Software-Unternehmen mit einem solchen Profil wandeln sich in aller Regel zu wahren Cash-Maschinen, sobald eine gewisse Größe erreicht ist und die Kostenquoten für Vertrieb+Marketing (S&M), Forschung+Entwicklung (R&D) und die Verwaltung (G&A) entsprechend deutlich rückläufig sind.

Entwicklung von Bruttomarge und Operative Kosten bei GitLab

Entwicklung von Bruttomarge und Operative Kosten bei GitLab

Der Anteil der Marketing- und Vertriebskosten ist in den letzten zwei Jahren von 60% auf 40% des Umsatzes gesunken. Die allgemeinen Verwaltungskosten betrugen vor zwei Jahren noch 20% des Umsatzes, heute sind es nur noch 14%.

Die operative Marge (non-GAAP) stieg im Q3 FY25 folgerichtig gegenüber dem Vorjahresquartal von 3% um volle 1.000 Basispunkte auf 13%.

Der Cashflow-Breakeven wurde bei GitLab im FY24 ein Jahr vor der ursprünglichen Planung erreicht. Im Q1 FY25 betrug die Free Cashflow-Marge bereits 22% nach -9% im Vorjahresquartal. In den letzten beiden Quartalen enttäuschte die Cashflow-Entwicklung jedoch mit einer nur einstelligen Free Cashflow Marge.

Entwicklung von operativem Gewinn und Cashflow bei GitLab

Entwicklung von operativem Gewinn und Cashflow bei GitLab

Die GAAP Zahlen sehen mit einem operativen Cashburn von $177 Mio. im Q3 FY25 viel schlechter aus. Der Grund ist vor allem eine einmalige Zahlung von $188 Mio. an die niederländische Steuerbehörde im dritten Quartal. Das Unternehmen wird daher für das FY25 nach GAAP nochmals einen negativen Cashflow ausweisen.

Die Bilanz von GitLab ist bärenstark und über alle Zweifel erhaben. Über $900 Mio. Cash stehen keine nennenswerten langfristigen Verbindlichkeiten entgegen. Auch die immaterielle Vermögensgegenstände sind bisher zu vernachlässigen, da man sich bisher auch nach dem IPO nur einige sehr kleine Akquisitionen geleistet hat.

Hohe SBC und Verwässerung trüben das Bild von GitLab

Ein Schwachpunkt im Zahlenwerk von GitLab sind die auch im Branchenvergleich hohen (nicht cash-relevanten) Kosten für aktienbasierte Vergütungen. Diese SBC (Share Based Compensation hier einfach erklärt) betrugen in den vergangenen 12 Monaten immer noch 26% vom Umsatz.

Viel wichtiger als die SBC ist die für mich aus den Aktienvergütungen resultierende Verwässerung der bestehenden Aktionäre. Die Anzahl ausstehender Aktien vergrößerte sich in den vergangenen 12 Monaten um 4%. Das ist mehr als bei anderen Software-Firmen wie Snowflake oder CrowdStrike, die ja in der Vergangenheit besonders oft für ihre hohen SBC kritisiert wurden.

Verwässerung der GitLab Aktionäre

Verwässerung der GitLab Aktionäre

Ich gehe davon aus, dass diese Verwässerung bei GitLab in den kommenden Jahren deutlich zurückgeht. Das sollte ab dem kommenden FY 2026 der Fall sein, wenn die anlässlich des IPO ausgegebenen Aktienoptionsprogramme (i.d.R. nach 4 Jahren) auslaufen. Denn 4% p.a. Verwässerung sind auf Dauer deutlich zu viel für meinen Geschmack.

Die GitLab Guidance für das FY2025

Das Management von GitLab ist seit dem IPO für seine konservative Guidance bekannt. Auch in diesem Jahr gab es bereits 3 „Beat+Raise“ Quartale, nun wird für das FY25 ein Wachstum von ca. 30% bzw. $754 Mio. Umsatz erwartet.

Der Ausblick für den operativen Gewinn im FY25 wurde nach dem Q3 auf max. $70 Mio. (Non-GAAP) angehoben. Zur Erinnerung: Zu Beginn des Jahres wurde kaum mehr als ein ausgeglichenes Ergebnis erwartet.

Die Bewertung der GitLab Aktie

Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs der GitLab-Aktie unter starken Schwankungen kaum verändert. Bis zur Jahresmitte verlor der Kurs zunächst 30%, seit August konnten diese Verluste jedoch mehr als wettgemacht werden. Dadurch hat sich die GitLab Aktie zuletzt wieder deutlich verteuert.

Das EV/Sales-Verhältnis von aktuell 13-14 (TTM) ist jedoch aufgrund des hervorragenden Margenprofils und der guten Marktposition noch akzeptabel. Basierend auf dem noch mageren Cashflow ist das Unternehmen allerdings wohl erst in 1 oder 2 Jahren sinnvoll zu bewerten.

Bewertung der GitLab Aktie

Bewertung der GitLab Aktie

Google ist größter Aktionär bei GitLab

Die Risikokapital-Abteilung von Googles Mutterkonzern Alphabet (GV) investierte schon vor Jahren vorbörslich erstmals in GitLab und besitzt aus dieser Zeit seit Jahren 8,9 Mio. Class B Aktien, die mit einem 10-fachen Stimmrecht ausgestattet sind. Das ist an sich nichts Besonderes.

Bemerkenswert ist jedoch, dass GV im 1. Quartal 2024 über 7 Mio. GitLab an Class A Aktien zukaufte, seinen Anteil damit mehr als verdreifachte und damit zum größten GitLab Aktionär avancierte.

Das Wichtigste dabei: Durch den Aktienkauf stieg der Stimmrechtsanteil von GV an GitLab auf über 25%. Damit kann Alphabet schon heute maßgeblich bei GitLab mitbestimmen.

Damit nicht genug: Im gesamten mehr als $2,5 Mrd. schweren Beteiligungsportfolio von GV ist GitLab nun die größte Beteiligung. Ich denke das es sich hier um eine durchaus strategische Investition handelt. Nach der GitHub Übernahme durch Microsoft anno 2018 dürfte es sehr interessant für Alphabet sein, die Google Cloud Plattform durch GitLab zu ergänzen. Microsoft zahlte damals übrigens einen wahrlich strategischen Preis (mehr als das 30-fache des Umsatzes) für GitHub.

Plötzlicher CEO Wechsel vor tragischem Hintergrund

Ob es wirklich zu einer Übernahme kommt, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Der bisherige CEO Sid Sijbrandij besitzt die Mehrheit der Class B Shares von GitLab und kontrolliert damit immer noch mehr als 45% der Stimmrechte. Über seine Pläne mit dem Unternehmen kann man nur spekulieren.

Fakt ist, dass Sid tragischerweise an Knochenkrebs erkrankt ist und sich derzeit einer weiteren Therapie unterziehen muss. Seine Krankheit ist auch der Hintergrund, vor dem man den im Dezember 2024 plötzlich vollzogenen CEO Wechsel sehen muss.

Mit sofortiger Wirkung hat Bill Staples die Position des CEO bei GitLab übernommen. Bill war lange Zeit bei Adobe und Microsoft tätig, bevor er zuletzt als CEO von New Relic Erfahrung an der Spitze eines SaaS-Unternehmens sammeln konnte.

Nicht unwichtig: In den 4 Jahren als CEO von New Relic hat er das Geschäftsmodell von New Relic in Richtung einer verbrauchsabhängigen Preisgestaltung verändert und damit den Boden für einen erfolgreichen Verkauf des Unternehmens bereitet.

Das könnte durchaus eine Blaupause für die kommenden Jahre auch bei GitLab sein. Wobei ich als Aktionär durchaus hoffe, dass uns GitLab noch lange als eigenständiges Unternehmen erhalten bleibt und seinen Aktionären Freude bereitet.

Fazit

Ein GitLab Aktienkurs von 67$ bedeutet ein EV/Sales Verhältnis von gut 10 auf der Basis des Umsatzes im kommenden FY26. Das ist zwar ein Premium-Preis, aber dennoch eine immer noch einigermaßen faire Bewertung für ein um 30% p.a. wachsendes SaaS Unternehmen mit einer Bruttomarge von 90%.

Ich halte die Umsatz- und Gewinnschätzungen der Analysten (Umsatzwachstum im FY26 wird auf unter 25% geschätzt) für zu niedrig und erwarte weiterhin positive Überraschungen. Das ist der Grund warum ich meine Position zuletzt behutsam ausgebaut habe.

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Disclaimer: Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von GitLab. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.