Gut, ich wusste es wird nicht einfach einen guten Steuerberater zu finden. Die Erfahrung, die ich aber bisher gemacht habe, ist sehr ernüchternd und das Image des Steuerberaters ist bei mir doch mittlerweile stark beschädigt.
Aber der Reihe nach. Anfang 2020 entschied ich mich den Schritt in die Selbständigkeit zu gehen. Eine Abfindung hat diesen Schritt erleichtert. Da ich mich auch bisher selbst um meine Steuerangelegenheiten gekümmert habe, warf ich Onkel Google an und recherchierte eine perfekte Steuerstrategie.
Meine Frau holte mich dann wieder aus der Cloud heraus und gab mir sanft aber bestimmt zu verstehen, dass das Thema Steuern doch ziemlich kompliziert ist und es vielleicht eine gute Idee wäre meinen Plan von einem Steuerberater abchecken zu lassen.
Ich musste zugeben, dass dieser Einwand nicht ganz ungerechtfertigt war. Also machte ich mich auf die Suche nach einem Steuerberater. Auswahlkriterium waren das Thema Selbständigkeit und Abfindung.
Der Plan: Das Finanzamt am Aufbau des Unternehmens beteiligen
Wegen meiner Abfindung habe ich mich intensiv mit der Fünftelregelung auseinandergesetzt. Die Fünftelregelung führt grob dazu, dass dein Abfindungskuchen in fünf Teile geschnitten wird und dann jeweils separat versteuert werden. Da für die einzelnen Teile in Summe weniger Steuern gezahlt werden müssen, lohnt sich das, wenn die Abfindung allein betrachtet wird.
Hier ein konkretes Beispiel: Bei einer Abfindung von 100.000 € zahlst du ca. 34.600 € Steuern. Bei der Fünftelregelung zahlst du mit ca. 11.300 € deutlich weniger Steuern. Bei einer gemeinsamen Veranlagung übrigens nur ganze 360 €!
Soweit so gut, sofern nur die Abfindung betrachtet wird. Viele haben im Jahr der Abfindung aber noch weitere Einkünfte. Und dann kann es z.B. zu der folgenden Konstellation führen:
Stell dir vor, du hast im Jahr der Abfindung noch 30.000 € zusätzliche Einnahmen. Wenn du diese unter Berücksichtigung der Fünftelregelung versteuerst, dann zahlst du sogar über 100% Steuern auf diesen Anteil, da du noch ca. 455 € nachschießen darfst.
Du kannst bei Bedarf deine eigene Situation mit dem folgenden Abfindungsrechner durchspielen: https://www.smart-rechner.de/abfindung/rechner.php.
Hm, dachte ich mir. Da ist die Motivation für zusätzliche Einnahmen nicht so ausgeprägt. Versteuert wird ja aber nur der Gewinn. Warum also in diesem exemplarischen Fall die 30.000 € nicht in das Unternehmen investieren? Quasi, vollfinanziert vom Finanzamt. Das funktioniert nur mit den Einnahmen als Selbständiger. Als Angestellter hat man diese Option nur eingeschränkt (z.B. durch die Ausnutzung von Sonderausgaben wie die Rürup-Rente) und bekommt die Steuerersparnis erst im darauffolgenden Jahr über die Steuererklärung erstattet.
Das war mein Plan. Doch diesen Plan wollte ich mit einem Steuerberater besprechen. Meine Planung auf Basis eines Abfindungsrechners im Internet aufzubauen, war mir dann doch etwas zu riskant.
Erster Versuch: Steuerverwaltung, statt Steuerberatung
Beim ersten Steuerberater hatte ich schon mal kein gutes Gefühl. Ich bin im Erstgespräch gleich konkret mit Fragen zu meinem Plan aufgeschlagen, hatte aber irgendwie nicht das Gefühl Dinge zu erfahren, die mir Onkel Google nicht auch schon verraten hat. Beim Thema Abfindung war komplette Leere. Ich glaub hier ging es nur um die Dienstleistung „Steuererklärung machen“ und weniger um die Beratung. Nun gut, dachte ich, kann ja nicht gleich beim ersten Mal klappen.
Zweiter Versuch: Teures Gespräch über Gott und die Welt für 150 € die Stunde
Beim zweiten Versuch war ich schon ein wenig schlauer. Ich schrieb eine Mail mit konkreten Informationen zu meinen Fragen und habe explizit darauf hingewiesen, dass ich eine Steuerberatung und keine Papierkram-Dienstleistung suche.
Als ich dann dort aufschlug, kam es auch zu einem sehr angeregten Gespräch. Nach ca. 10 Minuten war klar, dass der Steuerberater meine Frage nicht direkt beantworten konnte. Er versprach aber den Fall in seinem System durchzuspielen und mir dann eine qualifizierte Antwort zu geben.
Wir unterhielten uns noch weiter über die globale Wirtschaftslage, Inflation, Geldschwemme, Bitcoin und wahrscheinlich auch über ostfriesische Nacktschnecken mit Wollpulli (ich komme gebürtig aus der Gegend). Insgesamt ca. 1,5 Stunden. Es war Freitagnachmittag und ich dachte mir: Mensch, der hat ja echt die Ruhe und die Zeit über Gott und die Welt zu schnacken.
Ich war scheinbar naiv wie mir ein paar Wochen später klar wurde. In Wahrheit war es andersherum. Der Steuerberater dachte: Mensch, der hat ja echt die Ruhe, die Zeit und das Geld über Gott und die Welt zu schnacken.
Es kam aber noch schlimmer. Für meine – wie ich dachte – klar formulierte Frage brauchte er insgesamt zwei Versuche und mit vergleichsweise hohem Aufwand hat dann sein Steuerprogramm endlich das bestätigt was ich bereits in einer Mail mit konkreten Zahlen aus dem Abfindungsrechner als Annahme geäußert hatte.
Ich habe freundlich darauf hingewiesen, dass ich mit dem Ergebnis nicht komplett zufrieden bin und nicht bereit war für das nicht steuerfachliche Gespräch und den von mir unverschuldeten Aufwand für den zweiten Versuch zu zahlen. Die Rechnung wurde entsprechend gekürzt, wir hatten uns formal wieder lieb und ich war als Kunde wegen für meinen Geschmack dann etwas zu viel Dreistigkeit verloren.
Dritter Versuch: Sehr gute Beratung, schlechte Kundenorientierung
Gerade in Zeiten von Corona ist es nicht einfach einen Steuerberater zu finden. Die sind scheinbar alle damit beschäftigt die November-, Dezember- und Überbrückungshilfen für ihre Klienten zu beantragen.
Daher konnte ich es erst gar nicht glauben, als ich bei einem Steuerberater sofort einen Termin bekommen habe. Ich dachte mir, dass muss doch einen Haken haben. Hatte es auch, allerdings anders als ich vermutet hatte.
Es war ein sehr gutes Gespräch. Der Steuerberater hat meine Fragen verstanden und sehr kompetent darauf geantwortet. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt und dachte: Jetzt hast du endlich den Steuerberater mit dem du deine Strategie entwickeln kannst.
Doch dann kam es zu dieser Situation. Ich brauchte kurzfristig eine Bestätigung meines Steuerberaters, dass ich im Status der Selbständigkeit bin. Ich war froh, dass ich überhaupt einen Steuerberater hatte und rief dort sofort an. Ich erklärte meine Anforderung und die Dringlichkeit und er bestätigte, dass er sich darum kümmerte.
Nach ein paar Tagen fragte ich nach, wann ich mit der Bestätigung rechnen kann. Er war extrem unfreundlich und sagte nur lapidar, dass er viel zu tun hätte. Ich wollte von ihm nur wissen, ob er die Bestätigung rechtzeitig schicken kann, ansonsten müsste ich mich eben um eine Alternative kümmern. Mehr als ein unfreundliches „Ja, Ja“ bekam ich aber nicht.
Ich hatte schon einmal ein ungutes Gefühl und leider bestätigte sich das auch. Die Bestätigung kam nicht rechtzeitig und ich wurde von meinem Steuerberater im Stich gelassen. Hätte er gesagt, er schafft es nicht, dann wäre das völlig OK gewesen. Diese Praxis hat aber mein Vertrauen missbraucht und auch hier strebe ich keine weitere Zusammenarbeit an.
Hilfe, ich suche einen Steuerberater, der mich berät
Sollte ein Steuerberater mitlesen, dann habe ich einen Hilferuf: Ich brauche jemanden, der wirklich in Steuerangelegenheiten berät und nicht nur meinen Papierkram machen will. Das Steuerrecht ist kompliziert und alles was ich bereits bei Google auf der ersten Seite beantwortet bekomme, kann ich selbst recherchieren! Ich brauche einen Gestalter und keinen Verwalter.
Zu einer nachhaltigen Partnerschaft gehören neben der fachlichen Expertise dann noch so Themen wie Vertrauen.
Ich weiß, dass es euch da draußen gibt. Wenn ich euch schon bisher nicht gefunden habe, findet ihr auf diesem Wege vielleicht mich.
Fazit
Meine Frau hat recht – wie fast immer. Ich brauche einen Steuerberater, da ich sicherlich noch nicht alle Aspekte durchdacht habe. Ich will ja, aber bisher war ich glücklos.
Der Plan steht nach wie vor und wird jetzt auch umgesetzt. Auch wenn bereits zwei Steuerberater bestätigt haben, dass der Plan umsetzbar ist, habe ich immer noch nicht den Partner gefunden, mit dem ich die Steuerstrategie für mein Unternehmen besprechen kann.
So lange muss Onkel Google herhalten. Wenn mein Plan funktioniert, beschert mir Onkel Google aber bereits mehrere 10.000 € als Investition in mein Unternehmen, die ich ohne Onkel Google nicht hätte.
Weitere Infos zum Thema:
Mein Beitrag: Über 1.600 € in 2 Stunden. Das Grundprinzip der Einkommensteuer verstehen und mehr Geld vom Finanzamt zurückholen
Mein Beitrag: Wie du die Renteninformation liest und welche Schlüsse du daraus ziehen kannst – meine 0/1/75 Daumenregel
Mein Beitrag: Das Duell: ETF, Riester, Rürup, gesetzl. Rente, private Rente und betriebliche Rente im Vergleich
Ich verfolge das Ziel finanzielles Wohlbefinden zu ermöglichen. Finanzielles Wohlbefinden heißt die finanziellen Angelegenheiten geklärt zu wissen und die losen finanziellen Enden aufzulösen. Mit meinen Artikeln möchte ich dazu beitragen Finanzwissen zu teilen und jedem die Möglichkeit zu geben seine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen.
Auch wenn alle Konzepte eigenständig umgesetzt werden können, hat nicht jeder Zeit und/oder Lust sich um seine Finanzen zu kümmern. Für diese Menschen biete ich mein Finanzcoaching an. Ziel meines Finanzcoachings ist dir ein Cockpit zu liefern. Du behältst die Kontrolle und bleibst auf dem Fahrersitz.
Trete mit mir in Kontakt.