Die Mathematik spielt bei meiner Strategie für den Vermögensaufbau eine wichtige Rolle. Ich bin stets auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten mit einem positiven Erwartungswert und bin damit bis heute sehr erfolgreich gewesen. Im Rahmen eines Vortrags im Alster Business Club zu einer Marktprognose für das Jahr 2021 habe ich unserem Finanzprofi und aktiven Investor Hans-Jürgen Brandt daher eine Wette „Passiv gegen Aktiv“ vorgeschlagen. Hier ist die Wette per Video dokumentiert.
Ich wette, dass ich mit meiner passiven (prognosefreien) Strategie nach 5 Jahren ein besseres Ergebnis erziele als Hans-Jürgen mit seiner aktiven (prognosebehafteten) Strategie.
Ich lege mich bereits heute fest und werde prognosefrei in den Welt-ETF Vanguard FTSE All-World (ISIN: IE00BK5BQT80) investieren und diesen ETF auch bis zum Ende der 5 Jahre halten. Siehe auch meinen Beitrag 1 Welt-ETF reicht: Jeder weitere ETF ist eine Wette und kann sogar die Streuung reduzieren.
Hans-Jürgen wird seine jährliche Marktprognose nutzen, um in seinem Depot eine Über- bzw. Untergewichtung von Ländern bzw. Regionen zu realisieren.
Infobox Hans-Jürgen Brandt
Hans-Jürgen Brandt ist – wie ich – Mitglied im Alster Business Club. Er ist Leiter des Hotspot Finance wo wir uns regelmäßig über das Themen Wirtschaft, Börse und die Kapitalmärkte austauschen. Hans-Jürgen ist Geschäftsführer der HJB Consulting und in zahlreichen weiteren Bereichen aktiv. Er verfügt u.a. über eine eigene Zulassung bei der BaFin. Seit 2018 ist er als Geschäftsführer „German-Sustainables Gesellschaft für erneuerbare Energiesystem mbH“ tätig. |
Passiv gegen Aktiv: Eine Wette mit einem positiven Erwartungswert
In seinem Roman „Gier“ von Marc Elsberg wird eine Wette beschrieben. Der Einsatz beträgt 100 €. In 100 Runden wird jeweils eine Münze geworfen. Wird Kopf geworfen, erhält der Spieler 50% obendrauf. Für jeden Zahl-Wurf werden 40% abgezogen.
Scheint so, als ob dieses Spiel lukrativ für den Spieler ist. Das erinnert mich an einen alten Witz zum Thema Prozentrechnen: Lehrer: „75 % aller Schüler in dieser Klasse haben keine Ahnung von Prozentrechnung.“ Schüler: „Herr Lehrer, so viele sind wir doch gar nicht!“
Aber schauen wir uns mal als Beispiel die folgenden zwei Würfe an:
- Wurf: Der Spieler wirft Kopf und erhöht seinen Einsatz auf 150 €
- Wurf: Der Spieler wirft Zahl. Der Einsatz wird auf 90 € verringert.
Wäre hier das Spiel vorbei, hätte der Spieler 10 € Verlust gemacht, obwohl er einmal Kopf und einmal Zahl geworfen hat.
Jetzt ist bei zwei Würfen die Wahrscheinlichkeit bei immerhin 25%, dass zweimal Kopf geworfen wird. Das würde ein Gewinn von 225 € bedeuten. In 25% der Fälle wird man bei 54 € (zweimal Zahl) und in 50% der Fälle bei 90€ (Kopf -> Zahl, Zahl -> Kopf) landen.
Und bei 100 Versuchen wird man mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit einen Verlust einfahren, da bei immer mehr Versuchen die Anzahl von Kopf und Zahl sich angleichen und der Verlust immer größer werden wird.
Dieses Spiel hat für den Spieler einen negativen Erwartungswert. Es kann Spieler geben, die individuell gewinnen können. Die Masse wird allerdings verlieren.
Die Bank – also der Organisator des Spiels – hat hingegen einen positiven Erwartungswert. Die Verluste des einen, sind die Gewinne des anderen.
Wer dieses Prinzip verstanden hat wird auf die Bank setzen. Ein Gewinn ist zwar nicht garantiert, der Erwartungswert ist aber positiv.
Die Annahmen von passiven und aktiven Anlegern unterscheiden sich
Der aktive Anleger wird jetzt zurecht einwenden, dass das obige Beispiel ausschließlich eine Glückskomponente hat und das Können des Spielers nicht zum Tragen kommen kann. (Wir sehen hier mal davon ab, dass der Organisator mathematisches Wissen hat).
Hier unterscheiden sich auch die beiden Anlagestrategien in der jeweiligen Annahme. Der passive (oder prognosefreie) Anleger glaubt nicht, dass das Marktgeschehen langfristig prognostiziert werden kann. Der aktive (prognosebehaftete) Anleger hingegen glaubt dies.
Infobox Effizienzmarkthypothese
Die Annahme, dass Märkte nicht vorhersagbar sind, basiert auf die Effizienzmarkthypothese von Eugene Fama. 2013 wurden Eugene Fama zusammen mit Robert J. Shiller und Lars Peter Hansen für diese Arbeit mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Unter den Ökonomen gibt es sowohl Anhänger als auch Gegner dieser Theorie. Für den passiven (prognosefreien) Anleger ist die Theorie die Basis seiner Anlagestrategie. |
Allerdings spielt für mich diese Annahme bei der Wette gar nicht die Rolle. Schaut man sich die Gruppe der aktiven Anleger an, dann wird es statistisch 50% geben, die besser und 50% die schlechter als die passiven Anleger abschneiden. Das ist die Logik der Börse. Das Kapital an der Börse stammt von den Anlegern und wird lediglich unter diesen aufgeteilt.
Eine Chance von 50% wäre für mich noch nicht besonders attraktiv. Attraktiv wird es für mich erst, wenn die zwingend anfallenden Kosten betrachtet werden.
Ein aktiver Anleger wird zwingend mehr Kosten haben als ein passiver Anleger. In meinem Beitrag „Der Erwartungswert für passives Anlegen in den weltweiten Aktienmarkt“ habe ich die Gründe aufgezählt.
Mit der Komponente Kosten wird die Wette jetzt plötzlich wieder attraktiv. Je länger die Wette läuft, umso wahrscheinlicher wird statistisch mein Gewinn sein.
In der Wette mit Hans-Jürgen gibt es aber eine weitere Komponente, die mir gefährlich werden könnte. Die Gruppe aller aktiven Anleger werde ich nach Kosten über einen langen Zeitraum garantiert schlagen. Da hilft mir die Mathematik. Bei der Wette mit Hans-Jürgen hole ich mir aber noch ein Klumpenrisiko ins Boot, da Hans-Jürgen zu der Minderheit gehören könnte, denen es gelingt die passive Gruppe zu schlagen.
In einem Zeitraum von 5 Jahren hat er durchaus die Chance mich zu schlagen. Entweder durch Glück oder durch Können. Als Finanzmarktprofi hat Hans-Jürgen unbestritten Können im Bereich der Funktionsweise von Finanzmärkten (siehe auch Infobox). Ich bezweifle nur, dass er langfristig unterbewertete Märkte prognostizieren kann. Als Anhänger der Effizienzmarkthypothese ist der Faktor Können daher für mich bei dieser Wette nicht relevant. Die Glückskomponente ist bei 5 Jahren aber durchaus gegeben, zumal 5 Jahre zu wenig sind, um ausreichend vom Zinseszins-Effekt der Kosten zu profitieren (siehe folgende Grafik).
Infobox Neue Erwartungstheorie (Prospect-Theorie)
Hans-Jürgen setzt in seinen Überlegungen auf die sog. Prospect-Theorie wofür die Psychologen Daniel Kahnemann und Amos Tversky 2002 den Nobelpreis erhalten haben. Die Theorie berücksichtigt neben der rein wirtschaftlichen Entscheidung (Homo Oeconomicus) zusätzlich das irrationale Verhalten (Behavioral Finance) der Marktteilnehmer und bindet dies in der Entscheidungsfindung ein. |
Passive gegen Aktiv: Die Wette
Ich wette daher, dass ich mit meiner passiven (prognosefreien) Strategie – nach Kosten – besser abschneide als Hans-Jürgen mit seiner aktiven Strategie.
Die folgenden Wettregeln gelten:
- Startzeitpunkt: 18.1.2020
- Passive Strategie: Ich werde im Voraus einen ETF wählen und ihn über die gesamten 5 Jahre halten (Buy & Hold)
- Aktive Strategie: Hans-Jürgen kann beliebig aus Aktien, ETFs und aktiven Fonds sein Depot zusammenstellen und verändern
- Beide Depots werden über die gesamte Dauer der Wette zu 100% in Aktien investiert sein.
- Transaktionsgebühren und Steuern werden berücksichtigt
- Der regelmäßige zeitliche Aufwand für die Auswahl und Umschichtung durch Verkauf und Kauf (bei mir 0 Stunden) werden nicht berücksichtigt
- Nach 5 Jahren werden wir ermitteln welches Depot nach Kosten die höchste Rendite hatte
- Das Depot mit der höchsten Rendite ist der Gewinner
Die Startaufstellung
Mein Depot (passive / prognosefreie Strategie):
ISIN | ETF | Region / Land |
IE00BK5BQT80 | Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Acc) | Welt |
Hans-Jürgens Depot (aktive / prognosebehaftete Strategie):
ISIN | ETF | Region / Land |
IE00B60SX170 | Invesco MSCI USA UCITS ETF | USA ETF (synth) |
IE00BF4NQ904 | HSBC MSCI China A Inclusion UCITS ETF | China ETF (synth) |
LU1681043086 | Amundi MSCI India UCITS ETF EUR | Indien ETF (synth) |
LU1900068328 | Lyxor MSCI AC Asia Pacific Ex Japan UCIT | Asien ex. Japan (synth) |
IE00B910VR50 | SPDR MSCI EMU UCITS ETF | MSCI EMU |
LU1900066629 | Lyxor MSCI EM Latin America UCITS ETF | MSCI EM LatAm |
IE00B5V87390 | iShares MSCI Russia ADR/GDR UCITS ETF | MSCI Russia |
LU1900066207 | Lyxor MSCI Brazil UCITS ETF – Acc | MSCI Brasilia |
LU1602144732 | Amundi Index MSCI Japan UCITS ETF D | MSCI Japan |
Fazit und Ausblick
Ein sehr wichtiger Kostenaspekt ist in dieser Wette nicht berücksichtigt. Aktive Strategien haben von Natur aus einen höheren zeitlichen Aufwand als passive Strategien. Bei aktiven Fonds wird dieser zeitliche Aufwand vom Anleger durch die Managementgebühr bezahlt. Auf diesen Kostenblock entfällt langfristig der größte Anteil (mein Beitrag „Was ist besser? 5% weniger Ausgabeaufschlag oder 1 % weniger Verwaltungsgebühren?“ erläutert warum das so ist).
Durch die Nichtberücksichtigung dieser Kosten (Aufwand für die aktive Auswahl) habe ich bei meiner Wette einen kleinen Nachteil, der bei 5 Jahren aber weniger massiv ausfällt als z.B. bei 15 Jahren.
Als meinen persönlichen Einsatz für die Wette investiere ich je 500 € in beide Depots. Das Depot mit der besseren Rendite werde ich dann am Ende der 5 Jahre für wohltätige Zwecke spenden.
Sollte Hans-Jürgen zocken und gewinnen, dann war das für einen guten Zweck. Verliert er, wird mein Depot mit der dann erzielten Marktrendite gespendet.
Also Hans-Jürgen, streng dich an. Für einen guten Zweck!
Ich liebe Wetten, wo es nur Gewinner gibt.
Ich werde auf diesem Blog mindestens jährlich Updates der Depots veröffentlichen.
Beitragsbild von Iván Tamás auf Pixabay
Weitere Infos zum Thema:
Mein Beitrag: Eine „kostenlose“ Provisionsberatung kann dich mehr als 6.000 Stunden zusätzliche Arbeitszeit kosten
Mein Beitrag: Wenn deine Altersvorsorge ein Spiel wäre: Wie würdest du entscheiden?
Mein Beitrag: Was ist besser? 5% weniger Ausgabeaufschlag oder 1 % weniger Verwaltungsgebühren?
Mein Beitrag: Der Erwartungswert für passives Anlegen in den weltweiten Aktienmarkt
Mein Beitrag: Aktive und passive Anlagestrategien – eine Symbiose
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